Tischmanieren? Au weia...!(el) Gemeinsam essen macht fröhlich, gesund, gescheit und rüstet fürs Leben. Oder auch nicht - zumindest wenn kleine Kinder am Tisch sitzen, endet das gemeinsame essen oft genug im Chaos. Der eine mag dies nicht, der andere kippt seinen Apfelsaft in´s Essen und dann landet auch noch die Sosse auf dem Teppich. Der Stress ist da, hurra... Doch ein gemeinsames Essen ist eine wichtige Erfahrung im Leben der Kids - es vermittelt Sicherheit und Geborgenheit. Und das brauchen Kinder genauso wie Erwachsene. Bei Tisch werden wichtige soziale Fähigkeiten erlernt und Werte vermittelt: Toleranz, Höflichkeit, Pünktlichkeit, Lebensfreude und Gastfreundschaft. Kinder die täglich in liebevoller Atmosphäre essen, sind weniger anfällig für Suchtverhalten, anfangs betreffend Süßigkeiten, später Zigaretten, Alkohol, Drogen.
Es lohnt sich also, seine Familie am Tisch zu versammeln. Man muß nur wissen, wie. Früher gab es oft recht strenge Tischregeln, die es zumindest vom Sinn her mal zu überdenken gilt. Zum Beispiel...
- erst mit dem Essen erst zu beginnen, wenn alle am Tisch sitzen
- beim Essen nicht über belastende Themen zu sprechen, z.B. über Probleme
- Streitgespräche beim Essen zu vermeiden
- ein Kompliment über das gute Essen zu machen
- sich erst etwas nachzunehmen, wenn der Teller leer ist
- erst aufzustehen, wenn alle fertig sind oder nachdem man gefragt hat
- Auch das Telefon hat keinen Vorrang beim Essen, vielleicht schaltet man einfach mal den Anrufbeantworter ein.
Eine wesentlich gelöstere Atmosphäre beim Essen ist der Lohn für solche Spielregeln.
Kinder brauchen erlernte Manieren!Es ist toll, wenn Dreijährige einigermaßen mit Löffel und Gabel umgehen können. Schulkinder sollten dagegen mit Messer und Gabel essen, wissen wozu eine Serviette da ist, und daß man den Löffel zum Mund führt und nicht umgekehrt. Sie dürfen nicht mit ihrem Essen spielen, auf Tisch oder Stuhl lümmeln, rülpsen oder schmatzen. Und wenn es mal nicht so klappt?
Dann sollte Kritik an Eßmanieren während der Mahlzeiten nur diskret angebracht werden, vielleicht mit dem Kind anschließend "Trockenübungen" mit Messer und Gabel machen. Wer vielleicht selber keinen allzugroßen Wert auf gutes Benehmen legt, sollte bedenken, daß Tischmanieren in der Öffentlichkeit immer noch als Maßstab für Manieren überhaupt gelten. Die Bemerkung, "er/sie kann sich bei Tisch nicht benehmen", ist ein vernichtendes Urteil, das man seinem Kind ersparen sollte.
Tischkultur macht allen AppetitOb jemand bestimmte Speisen mag oder nicht, dafür ist in erster Linie gar nicht das Essen selbst, sondern das Drum und Dran entscheidend. Babys bekommen beim Stillen und Füttern in erster Linie Wärme, Geborgenheit und Fürsorge. Für Kleinkinder sind Rituale wichtig, beispielsweise eine bestimmte Tasse...
Wir Erwachsenen - und ältere Kinder - essen auch mit den Augen, wir freuen uns an kunstvoll angerichteten Desserts und Blumen auf dem Tisch. Von dekorativen Porzellantellern schmecken auch einfache Gerichte wie Bratkartoffeln mit Spiegelei gleich viel besser. Und warum soll man daher nicht einmal sein Mineralwasser aus einem schönen Weinglas trinken dürfen?
Zur Tischkultur gehört es auch, sich nicht den Teller erst vollzuschlagen, dann aber die Hälfte stehen zu lassen. Auch wenn ich kein Freund davon bin, Kinder stets den Teller leer essen zu lassen (damit legt man nur den Grundstein für reichliche Fettzellenbildung), aber wenn das Kind sich selbst etwas (über)-nimmt, sollte es die Konsequenzen ab und an mal tragen. So hat unser Jan Hendrik z.B. gelernt, was es heisst, mit dem Salzstreuer dosiert umzugehen. Klappt jetzt nahezu vorbildlich...
Eßgewohnheiten schwankenSobald ein Kind die Schule besucht, wird es von den Vorlieben seiner Freunde beeinflußt. Die gesundheitsbewusste Küche ist dahin...! Doch hier helfen Kompromisse. Selbst wenn das Lieblingsessen vom besten Kumpel ein Negerkuss zwischen zwei Brötchenhälften ist und es sonst nur Vollwertkost gibt - keep cool! Liebe geht durch den Magen! Die Erwachsenen mögen eine raffinierte Küche und exotische Gerichte? Die meisten Kinder teilen diese Leidenschaft leider nicht. Aber abwarten - spätestens im Teenager-Alter wollen die Kids unbedingt zum Chinesen. Und eines schönen Tages - meist mit Beginn der Pubertät - wird sich das Kind wahrscheinlich auf die Seite der Tierschützer schlagen und fortan Fleisch, Fisch und Wurst energisch ablehnen. Eine bekannte amerikanische Fast-food-Kette nutzte dieses Phänomen und warb für ihren vegetarischen Riesen-Whopper mit den Worten "Don't eat your friends"!. Hier sollte man das Kind nicht zwingen, Fleisch zu essen. Besser ist es, auf veränderte Eßwünsche einzugehen und Salat, Gemüse, Obst und Vollkornprodukte anzubieten.
Feste Termine für den FamilientischViele Familien können unter der Woche nur selten in Ruhe zusammen essen. Das macht nichts, solange sich ein Elternteil regelmäßig Zeit nimmt, um mit seinem Kind zu kochen, zu essen und zu reden. Je älter die Kinder werden, desto wichtiger sind feste Essenszeit-Vereinbarungen, zum Beispiel "Abendessen um 19 Uhr" oder "Sonntags Nachmittagskaffee um 15:30 Uhr". Solche Fixpunkte im Terminkalender begründen einen festen Pol in der terminlichen Orientierung der Kids, schaffen Freiräume für eigene Zeiteinteilung - und später die Grundlage für kleine Traditionen des Alltags.