Über das alltägliche Chaos im Kinderzimmer (li) Elterliche Proteste gegen kindliches Chaos sind vermutlich so alt wie die Welt - eines aber beginnt sich gerade zu ändern: Wenn das traute Tohuwabohu zu Zoff führt, sind nicht immer nur die Kleinen schuld. Denn Unordnung kann wichtig sein - und überhaupt: Was ist Ordnung? Und wer legt das fest? Psychologen wissen: Unordnung fördert kindliche Kreativität. Kinder wollen sich austoben, ihre Spielsachen nach ihren eigenen Ideen nutzen, ihr Zimmer nach eigenen Vorstellungen gestalten. Wer von ihnen Perfektion nach dem Vorbild Erwachsener fordert, hemmt sie in ihrer Entwicklung.
Ausserdem finden Kinder Unordnung gemütlich, sie fühlen sich darin wohl und können oft gar nicht verstehen, warum Erwachsene an dem fröhlichen Durcheinander etwas auszusetzen haben. Wer sie zur Ordnung drillt, raubt ihnen ein Stück vertraute heimelige Atmosphäre. Manchmal ist es auch einfach so, daß Eltern besser damit fahren, wenn sie ein Auge zudrücken. Denn auf diese Weise haben es alle Mitglieder der Familie etwas leichter.
Vor allem sollten alle Väter und Mütter wissen: Sobald die Kinder dem Laufstall entronnen sind, müssen die Erwachsenen ihre Ordnungsansprüche unverzüglich ein ganzes Stück zurückstecken. Manche mögen dabei vielleicht sogar bemerken, daß sie sich selbst mit ihrem Ordnungssinn viel zu sehr unter Druck setzen und besser leben können, wenn sie manches selber etwas lockerer sehen.
Die Grenze liegt allerdings dort, wo die Hygiene leidet. Schmutzige Socken gehören in den Wäschekorb, Bananenschalen in den Müll und Lebensmittel nicht zwischen Spielzeug, schon gar nicht auf den Boden. Ein- bis zweimal pro Woche muß auch der Staubsauger durch. Hier dürfen Eltern nicht nachgeben - eine sachliche Begründung werden Kinder schnell akzeptieren.
Überhaupt nichts bringt es dagegen, Kindern zu sagen, daß Unordnung "peinlich" sei, zum Beispiel bei überraschendem Besuch. Mal ehrlich: Kinder in einer pedantisch aufgeräumten Bude - ist das nicht ein trauriger Anblick? Eine Tante, der so was gefällt, soll lieber zu Hause bleiben.
Das Kinderzimmer ist ein eigenes Reich. Spätestens im Grundschulalter nehmen Kinder ihr Zimmer als etwas wahr, das von der restlichen Wohnung abgegrenzt ist. Ziel sollte sein, die Kinder zur Selbstverantwortung für dieses kleine Reich zu erziehen - aber bitte nicht mit Zwang. Statt dessen gilt:
- Eltern sind das Vorbild. Schon kleine Kinder sehen sehr genau, wie es in Küche, Wohn- und Schlafzimmer ausschaut.
- Über Unordnung sprechen und auf die Nachteile hinweisen, vor allem auf Konsequenzen für die Hygiene. Achtung - so was hinterlässt nur Wirkung, wenn die Eltern selbst ihren Müll immer rechtzeitig entsorgen.
- Beim Aufräumen grundsätzlich Hilfe anbieten - manchmal entstehen dabei Gestaltungs-Ideen: hier ein Nagel in die Wand, dort ein neues Poster...
- Hin und wieder Aufräumen belohnen - aber nur mit speziell auf die Einrichtung bezogenen Dingen. Beispiel: Bleistifthalter
Eltern sollten das Kinderzimmer so betrachten, als würde es nicht zum Rest der Wohnung gehören, denn sonst fühlen sie sich sofort selbst für die Ordnung darin verantwortlich und greifen dann eventuell zu stark in die Welt der Kinder ein. Sie sollten außerdem frühzeitig akzeptieren, dass jedes Kind seinen eigenen Stil hat - wie die Erwachsenen auch.
So räumen Kinder (vielleicht) freiwillig auf:- Mit gutem Beispiel vorangehen - aber nicht übertreiben.
- Es reicht zunächst der gute Wille - die Feinarbeit beim Aufräumen ist für die Eltern.
- Spielzeugkisten müssen für Kinder gut erreichbar sein.
- Den Anfang machen, was gehört wohin?
- Auf ein Mindestmaß an Ordnung beschränken.
- Aber: Konsequentheit ist wichtig - wenn Aufräumen angesagt ist, dann bis zum Ende.
- Loben nicht vergessen: "Aha, mit einem aufgeräumten Zimmer sind Erwachsene also zu besänftigen"
- Locker bleiben...